Lena Andersson Widerrechtliche Inbesitznahme Roma

Luchterhand
Aus dem Schwedischen von Gabriele Haefs
ISBN 978-3-630-87469-2
www.luchterhand-verlag.de
Der Verlag schreibt zum Inhalt
Wie bereit sind wir, uns selbst zu betrügen, in unserer Sehnsucht, geliebt zu werden?
Wer verlässt, spürt keinen Schmerz. Wer verlässt, braucht nicht zu reden. Wer verlässt, ist fertig. Das ist der große Schmerz. Wer verlassen wird, muss dagegen bis in alle Ewigkeit reden. Und dieses ganze Gerede ist nur der Versuch, dem anderen zu sagen, dass er sich geirrt hat. Wenn er nur einsähe, wie die Dinge wirklich liegen, würde er sich nicht so verhalten, dann würde er den anderen lieben. Bei dem Gerede geht es nicht darum, sich Klarheit zu verschaffen, was der Redende behauptet, sondern darum, zu überzeugen und zu überreden.«
Ester Nilsson ist 31 Jahre alt. Sie ist Dichterin und Essayistin, eine vernünftige Person mit einer vernünftigen Beziehung. Eines Tages erhält sie den Auftrag, einen Vortrag über den Künstler Hugo Rask zu halten. Im Publikum sitzt der Meister höchstpersönlich, und danach treffen sie sich zum ersten Mal. Dieser Augenblick verändert alles. Eine auf den ersten Blick völlig harmlose, unverbindliche Kommunikation nimmt ihren Anfang, in deren Verlauf es zu einer Kette von Ereignissen kommt, die katastrophal für die liebesblinde Ester enden.
Rezension der Freunde skandinavischer Literatur
Zuerst haben wir uns gefragt, ob dies ein Buch nur für Frauen ist. Speziell für solche Frauen, die nicht verheiratet sind, nicht in einer stabilen, von der Außenwelt unumstößlichen Beziehung leben, die vielmehr allein leben, auf der Suche nach dem passenden Partner stets und ständig die unglaublichsten Geschichten erleben und die immer wieder zeitweise frustriert sind, weil sich nicht der rechte Partner einstellen will. Nein, es ist ein Buch für alle Frauen. Für Verheiratete, die sich glücklich schätzen können, einen verlässlichen Mann an ihrer Seite zu haben, oder die besser einmal genauer hinsehen sollten, ob die bessere Hälfte wirklich so oft Überstunden machen muss. Für Alleinlebende, die sich hier in dieser Geschichte, deren Titel sich auf § 8 Buch 8 des Schwedischen Gesetzbuches bezieht, in wohl bald jedem Satz wiederfinden werden und am Ende dankbar sind, dass sie nicht allein in dieser Welt stehen mit ihren Erlebnissen und Gedanken und dass das Phänomen seltsamer Begegnungen durchaus weniger seltsam ist, als Alleinlebende gemeinhin annehmen, aber vor der Lektüre ganz bestimmt als ihr einzig vorkommendes Schicksal angenommen haben. Dies ist auch ein Buch für alle, die gerade von ihrem Partner verlassen wurden, und hier tröstet der Roman mehr und schneller als einem in seiner Trauer um den, der verlassen hat, lieb ist, denn er bekommt wie der Künstler Hugo Rask eine bitter bröckelnde Aura, die die Verlassene liebend gerne kitten und retten möchte, die aber aufgrund ihrer unhaltbaren Substanz flüchtig verweht. Auch ist dieses Buch unbedingt den Herren der Schöpfung zu empfehlen, denn näher an die Seelen- und Gedankenwelt einer Verlassenen kommt Mann nicht heran. Vor allem nicht in dieser doch emotional distanzierteren Form. Aufschlussreich ist es allemal für sie und zu hoffen ist, dass der ein oder andere Mann sich danach ein paar Gedanken macht, um zu wissen, was er mit seiner einsamen Entscheidung, seine Frau oder Freundin zu verlassen anrichtet. Es gibt sicher Wege, einer unausweichlichen Entscheidung ein wenig sanfter und dankbarer zu begegnen.
Die Autorin beweist in diesem Roman eine ganz besondere Feinfühligkeit, die nicht oft vorkommt, die tröstlich ist und jeder Frau am Ende des Buches eine neue Art des Selbstbewusstseins vermittelt. Als streitbare Literaturkritikerin hat sich Lena Andersson in Schweden einen Namen gemacht und für dieses Buch hat sie den begehrten Augustpreis verliehen bekommen.
Ein sensibles, vielschichtiges, aber auch sehr humorvolles Buch, das Flügel verleiht.