top of page

Astrid Lindgren

Ullstein Buchverlag

Aus dem Schwedischen übersetzt von Angelika Kutsch und Gabriele Haefs

ISBN 978-3-550-08121-7

576 Seiten

Der Verlag schreibt

Nachdenklich und betroffen, aber auch mit dem so unverwechselbaren Tonfall stellt Astrid Lindgren in ihren Tagebüchern wichtige Fragen, die heute wieder von erschreckender Aktualität sind: Was ist gut und was ist böse? Was tun, wenn Fremdenfeindlichkeit und Rassismus das Denken und Handeln der Menschen bestimmen? Wie kann jeder Einzelne von uns Stellung beziehen? Neben dem Kriegsgeschehen erzählt sie von ihrem Familienleben und den ersten Schreibversuchen: 1944 schenkt sie ihrer Tochter das Manuskript von Pippi Langstrumpf zum Geburtstag.

Das persönliche Zeitdokument einer sehr klugen Frau, die schon immer den Blick für das große Ganze hatte.


Waltraud Schröder von '"Freunde skandinavischer Literatur" hat dieses Buch gelesen


Aus dem über 15 Seiten langen Vorwort von Antje Rávic Strubel: Am 1. September 1939, als Deutschland Polen überfiel und den Zweiten Weltkrieg auslöste, schrieb Astrid Lindgren: Heute hat der Krieg begonnen. Niemand wollte es glauben. Damals war sie Zweiunddreißig. Sie hatte zuvor als Sekretärin im „Königlichen Automobilclub“ gearbeitet, wo sie ihren Ehemann Sture kennengelernt hatte, war Mutter zweier Kinder, und bis auf einige Kurzgeschichten in Zeitschriften hatte sie noch nichts veröffentlicht. Lindgren wohnte im Stadtteil Vasastan in Stockholm. Diese luftige, lichtdurchflutete Inselstadt versinnbildlicht das Lebensgefühl, das die sechs Kriegsjahre für Lindgren bestimmte. In den Tagebüchern beschreibt sie anschaulich ihr OasenDasein, abgeschieden, aber halbwegs angenehm, eingeschränkt nur von Lebensmittelrationierungen, dem zeitweise lahmliegenden öffentlichen Verkehr, von Verdunkelungen, dem militärischen Bereitschaftsdienst des Mannes und steigenden Preisen. Sie lebte relativ sicher in einem Land, das der Krieg aussparte, vor dessen Grenzen die Tötungsmaschinerie haltmachte... Hier konnte man spazieren gehen im Park, Sonne und Frühlingsblüher genießen, Weihnachten feiern am festlichen, reichgedeckten Tisch. Und doch ist jeder Tag dieser Aufzeichnungen auch von der Angst geprägt, das friedliche Leben könnte jeden Moment ebenfalls der Krieg erfassen. Die Neutralität Schwedens ermöglichte es Lindgren, eine Perspektive auf den Zweiten Weltkrieg einzunehmen, die innerhalb des kriegsgeschüttelten Europas einzigartig war...


Lindgren hat sich lebenslang für den Frieden starkgemacht.

„Über Frieden zu sprechen“ sagte Lindgren 1978 in ihrer Dankesrede zur Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels, „heißt ja, über etwas zu sprechen, das es nicht gibt.“

Was Lindgren veranlasste, bei Ausbruch des Krieges ein Tagebuch anzulegen, ist aus den Aufzeichnungen nicht zu erfahren. Das besondere am Tagebuch ist, dass unmittelbar aus den Ereignissen heraus gesprochen wird. So eröffnet sich heutigen Lesern vor einem Wissenshorizont, den der Abstand von mehr als siebzig Jahren mit sich bringt, das Geschehen so, wie es sich Lindgren im schwedischen Inseldasein von Tag zu Tag darstellte: Zuvor Unvorstellbares erweist sich immer wieder als Wirklichkeit. Das Ausmaß der Gewalt, die täglichen Schreckensmeldungen übersteigen jede Vorstellungskraft. So macht Lindgrens Tagebuch auch deutlich, mit welcher Geschwindigkeit und Absolutheit sich kollektives Bewusstsein von Grund auf verändern kann, wie gefährdet offene Gesellschaften sind und wie wichtig das manchmal mühsam erscheinende demokratische Aushandeln politischer Entscheidungen ist.“


Inhaltlich ist dem Vorwort der Autorin Antje Ràvic Strubel nichts hinzuzufügen; sie hat die Tagebücher im Kontext der Zeitgeschichte und dem Leben der Astrid Lindgren sehr tiefgründig beleuchtet. Ich habe die Tagebücher mit großem Interesse gelesen, zumal sehr viele Informationen gegeben werden über die Verhältnisse während des Zweiten Weltkrieges in Schweden, die mir so nicht bekannt waren, wie zum Beispiel die Rationierung von Lebensmitteln und Dingen des täglichen Lebens, die Teilmobiliserung der eigenen Streitkräfte, das Verbot, in bestimmten Zeiten den eigenen Pkw zu benutzen wie auch die phasenweise Anordnung der Verdunkelung bei Nacht. Astrid Lindgrens Tagebuchaufzeichnungen aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges faszinieren auf ganz eigene und zudem erschreckende Weise. Und sie zeigen Astrid Lindgren von einer ganz anderen Seite. Denn bisher kannte ich die Schwedin ausnahmslos als Kinderbuchautorin. Sie hat ihre Empfindungen, ihre Einschätzungen, ihre Ängste und ihre Wut schon in jungen Jahren eindrucksvoll und schonungslos zu Papier gebracht, ohne die Absicht gehabt zu haben, diese Tagebücher jemals zu veröffentlichen. Und so bietet das unter dem bezeichnenden und zugleich auch aktuell mahnenden Titel "Die Menschheit hat den Verstand verloren" erschienene Buch einen sehr persönlichen Einblick in die Wahrnehmung der damals jungen Schwedin. Damit ist dieses Tagebuch nicht nur eine weitere aufklärende Kriegsbiographie, sondern zugleich auch eine Mahnung an die Gegenwart.


 
Featured Review
Tag Cloud

© 2017 by Freunde skandinavischer Literatur Kiel Verena Lüthje

Diese Seite ist eine rein private Seite.

  • Facebook B&W
  • Twitter B&W
  • Google+ B&W
bottom of page